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Detailvorschläge, Ergänzungen und Erläuterungen zum Thema
Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz (insbes. der WKStA) sowie der Ermittlungs- und Kontrollbehörden

  1. Das System der Meinungs- und Entscheidungsfindung an den Höchstgerichten, insbesondere am VfGH, hat sich über Jahrzehnte bewährt. Insofern ist das angedachte Institut der „dissenting opinion“ abzulehnen, als es lediglich zu einer Verpolitisierung der Höchstgerichte, im Speziellen des VfGH, führen würde.

  1. Den justiziellen (insbesondere der WKStA), kriminalpolizeilichen (insbesondere dem BAK) und sonstigen Ermittlungsdienststellen nach Art 6 und 36 der Konvention gegen Korruption der Vereinten Nationen (UNCAC), nach Art 20 der Strafrechtskonvention gegen Korruption des Europarates, sowie des Guiding Principle 3 der Resolution (97) 24 des Europarates, Twenty Guiding Principles for the Fight against Corruption“, et al. ist jene Unabhängigkeit verfassungsgesetzlich einzuräumen, wie dies die genannten Bestimmungen sowie internationale Empfehlungen des Europarates/GRECO oder auch die Empfehlungen von EPAC/EACN (2011) sowie der Jakarta-Declaration der Vereinten Nationen (2012) inhaltlich vorsehen. Die verfassungsgesetzlich zu verankernde Unabhängigkeit nach Vorbild des Rechnungshofes als „Innenrevisionsstelle der Republik“ ergibt sich für die WKStA und das BAK auch aus ihrer Rolle als „Deliktsrevisionsstellen der Republik“.

  1. Die Staatsanwaltschaften sind vom Bundesministerium für Justiz zu entkoppeln. Es ist eine politisch unabhängige Bundesstaatsanwaltschaft als Teil ausschließlich der Justiz bei gleichzeitiger Neuordnung des staatsanwaltschaftlichen Berichts- und Weisungswesens zu schaffen.

  1. Für Fragen der justiziellen Selbstverwaltung, insbesondere für Angelegenheiten des Personalmanagements, ist nach Vorbild anderer europäischer Staaten ein unabhängiger „Rat der Gerichtsbarkeit“, zuständig für Richterinnen und Richter sowie für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, einzurichten. Insbesondere Ernennungsverfahren müssen von der Politik unabhängig und transparent abgewickelt werden.

  1. Die Unabhängigkeit sowie transparente und unabhängige Kontrolle der WKStA soll über die im Volksbegehren angeführten verfassungsrechtlichen Maßnahmen sichergestellt werden, etwa durch die Stärkung und gesetzliche Verankerung des internen Mehraugenprinzips, die Anpassung des StAG und DV-StAG an die aktuellen Bedürfnisse einer modernen und effizienten Strafrechtspflege, die Entrümpelung des Zuständigkeitskatalogs durch Konzentration auf die Zuständigkeit für alle Korruptionsdelikte sowie insbesondere für gravierende Wirtschafts- und Amtsdelikte.  Statt überbordender Berichtspflichten und dem „Daschlogn“ von Verfahren ist der gerichtliche Rechtsschutz zu erweitern.

  1. Zur Verfahrensbeschleunigung und Rechtssicherheit soll ein „Vorabentscheidungsverfahren“ beim OGH für grundsätzliche und ungelöste Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung geschaffen werden.

  1. Das Ernennungsverfahren für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie Richterinnen und Richter der Verwaltungsgerichte ist jenem der ordentlichen Gerichtsbarkeit anzugleichen.

  1. Es sind den Befangenheits- und Befangenheitsanscheinsproblematik Rechnung tragende, klar determinierte Zuständigkeiten für Anzeigen gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie höchste Repräsentanten der Justiz zu schaffen.

  1. Leitungsfunktionen bei Staatsanwaltschaften, inklusive einer einzurichtenden Bundesstaats-anwaltschaft, sowie alle Planstellen der WKStA können nicht von Personen bekleidet werden, die eine der in Art 92 Abs 2 B-VG genannten Funktionen ausüben bzw. in den letzten fünf Jahren ausgeübt haben (Unvereinbarkeit mit politischen Ämtern).

  1. Neben der Einrichtung einer der WKStA zugeordneten Polizeieinheit soll die Unabhängigkeit des BAK gestärkt werden. Leitende Funktionen im BAK können nicht von Personen bekleidet werden, die eine der in Art 92 Abs 2 B-VG genannten Funktionen ausüben bzw. in den letzten fünf Jahren ausgeübt haben (Unvereinbarkeit mit politischen Ämtern). Die Besetzung der Planstellen hat transparent und von der Politik unabhängig zu erfolgen. Berichte und andere Informationen in Einzelstrafsachen an übergeordnete Dienststellen (etwa das BMI) sollen unzulässig sein.

  1. Die Unabhängigkeit und die Kontroll-Rechte der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) sind zu stärken, sie soll kompetenzmäßig im Bundesministerium für Justiz ressortieren.

  1. Die Unabhängigkeit und Kontroll-Rechte der FMA sind zu stärken (arg „Bankenskandale“). So hat der Vorstand jedenfalls aus zumindest zwei Mitgliedern zu bestehen, um das 4-Augen-Prinzip sicherzustellen;  der FMA ist die Befugnis einzuräumen – auf Stichprobenbasis sowie im Anlassfall – sogenannte „Joint Audits“ anzuordnen, d.h. die gemeinsame Prüfung des beaufsichtigten Unternehmens mit einem zusätzlichen unabhängigen Wirtschaftsprüfer; weiters die aufsichts-behördlichen Kompetenz zur Abberufung von Mitgliedern der Geschäftsleitung und des Aufsichtsrates bei mangelnder fachlicher Eignung (wie unionsrechtlich durch die Richtlinie (EU) 2019/878 („CRD V“) vorgesehen); sowie ist die verstärkte Zusammenarbeit (etwa auf Grundlage des FMABG) der FMA mit der Abschlussprüferaufsichtsbehörde (APAB) sicherzustellen.

  1. Alle genannten justiziellen, kriminalpolizeilichen und sonstigen Ermittlungsdienststellen, wie bspw. das Amt für Betrugsbekämpfung im BMF, sowie die genannten Kontrollbehörden sind mit den ihren Aufgaben entsprechenden, ausreichenden und längerfristig planbaren personellen und materiellen Ressourcen auszustatten.

  1. Die Leitungsfunktionen der WKStA, des BAK, der BWB, der FMA sowie der Generalprokuratur und der Oberstaatsanwaltschaften sind – in Anlehnung an die Regelung beim Rechnungshof – auf eine einmalige maximale Funktionsperiode von zwölf Jahren festzulegen.

  1. Die Möglichkeiten der Abschöpfung krimineller Vermögen sind – nach internationalen Vorbildern – auszubauen, etwa durch die Einrichtung einer eigenen Agentur, die die Staatsanwaltschaften bei Aufspüren, Sicherstellung, Verwahrung und Rückführung krimineller Vermögen unterstützt.

(Die angeführten Detailvorschläge sind ohne prioritäre oder sonstig intendierte Reihenfolge dargestellt.)