Antikorruptionsbegehren: Parteien jetzt gefordert
Wien, am 20. Oktober 2022 – Auftakt der parlamentarischen Behandlung im Justizausschuss – Volksbegehren zieht erste Zwischenbilanz und will „weiter Druck machen, bis grundlegende Reformen kommen“.
Der gestrige Justizausschuss des Nationalrats bildete den Auftakt für die parlamentarische Behandlung des Rechtsstaat & Anti-Korruptionsvolksbegehrens. Im Beisein der Proponenten Martin Kreutner, Heide Schmidt und Michael Ikrath widmete sich der Ausschuss rund eine Stunde lang der Frage, in welcher Form sich das Parlament angemessen mit den Anliegen des Volksbegehrens befassen kann. Dabei zeichnete sich ab, dass der Justizausschuss die Forderungen im Rahmen einer vertieften und umfassenden Diskussion, eventuell verbunden mit einem Hearing von Expertinnen und Experten, behandeln möchte. Die Vertreterinnen und Vertreter des Volksbegehrens deponierten ihre Forderung, dass diese gemäß der Geschäftsordnung des Nationalrates im Sinne der Transparenz öffentlich durchgeführt werden soll. Der genaue Zeitpunkt dafür ist noch zu klären, voraussichtlich wird diese Debatte aber im Dezember dieses oder Jänner nächsten Jahres stattfinden. Diskutiert wurde auch eine Behandlung im Verfassungsausschuss, was seitens der Proponenten des Volksbegehrens sehr begrüßt wurde, da einige Punkte grundlegende verfassungsrechtliche Fragen berühren.
„Die Verantwortung liegt jetzt beim Parlament und bei den Parteien, die in dieser Frage den Österreicherinnen und Österreichern rechenschaftspflichtig sind. Angesichts der jüngsten Ereignisse sollte klar sein, dass es jetzt endlich grundlegende Reformen geben muss, damit sich die Ereignisse der letzten Jahre nicht mehr wiederholen können. Darum erwarten wir uns eine wirksame Behandlung unserer Forderungen im Parlament“, so Martin Kreutner dazu.
Erste Zwischenbilanz: Fortschritte begrüßenswert, aber noch zu wenig
Anlässlich des Auftakts seiner parlamentarischen Behandlung zog das Rechtsstaat & Anti-Korruptionsvolksbegehren eine erste Zwischenbilanz zur Erfüllung seiner Forderungen. Tatsächlich ist seit dessen Start im Juni 2021 bereits einiges in Bewegung gekommen. So wurde mit der Verlängerung der Kronzeugenregelung – die ohne entsprechenden Druck Ende 2021 ausgelaufen wäre – eine wichtige Forderung des Volksbegehrens erfüllt. Die Ereignisse dieser Woche sind ein deutlicher Beleg dafür, wie bedeutsam diese Verlängerung war, um aktuelle und künftige Verdachtsmomente aufklären zu können.
Auch sonst legte die Regierung seit der Eintragungswoche des Volksbegehrens einige Gesetzesentwürfe bzw. -vorschläge vor, auf die sich die Koalition einigen konnte oder zu einigen hofft – darunter ein neues Parteiengesetz, erste Entwürfe zum neuen Hinweisgeberschutzgesetz bzw. zur Neuregelung der Medienförderung sowie erste fundierte Vorschläge für eine General- bzw. Bundesstaatsanwaltschaft. Diese Fortschritte seien „zwar prinzipiell begrüßenswert, ein genauerer Blick zeigt allerdings, dass die Überschriften dieser Maßnahmenpakete zum Teil mehr versprechen als die konkreten Vorhaben halten“, erläuterte Kreutner.
So drohe z. B. die Diskussion rund um die Bundes- bzw. Generalstaatsanwaltschaft in die falsche Richtung zu laufen. Hier sollte es laut Kreutner vorrangig darum gehen, die Unabhängigkeit der Justiz und v. a. der Staatsanwaltschaften vor politischer Einflussnahme sicherzustellen. Von mancher Seite werde aber immer noch versucht, über einen „Generalstaatsanwalt“ einen „starken Mann“ zu installieren, der die WKStA & Co. an ein Gängelband nehmen könne. Vor diesem Hintergrund bekräftigte Kreutner die Forderung des Volksbegehrens, dass an der Spitze der Bundesstaatsanwaltschaft – gemäß dem Prinzip, möglichst wenig Macht in einer Hand zu bündeln – keine Einzelperson stehen soll, sondern ein aus mehreren Personen bestehendes Kollegialorgan.
Auch bei der Neugestaltung der Medienförderung seien zwar einige Aspekte durchaus positiv zu bewerten, aber auch hier bleibe z. B. unverständlich, warum bei den Inseratenkosten keine Obergrenzen vorgesehen wurden oder weiterhin Medien gefördert werden sollen, die sich nicht der Qualitätssicherung durch den Presserat unterwerfen. Auch das Informationsfreiheitsgesetz lasse weiterhin auf sich warten. Dazu Michael Ikrath: „Das unwürdige Ping-Pong zwischen Bund und Ländern rund um die Abschaffung des Amtsgeheimnisses gehört endlich beendet. Die Zeit für Ausreden ist hier längst vorbei.“
Zusammenfassend erklärte Kreutner, dass die jüngsten Fortschritte zwar „begrüßenswert, aber noch zu wenig“ seien, da noch immer viel zu viele Punkte offen bzw. unerledigt seien. „Der Vertrauensverlust in die Politik zieht einen Vertrauensverlust auch in die Institutionen nach sich – das untergräbt die Demokratie. Nun muss die Politik durch engagierte Reformen endlich eine glaubwürdige Antwort darauf geben“, so auch Heide Schmidt.
Spätestens im kommenden Jahr, so Kreutner, sollen die auf dem Tisch liegenden Vorschläge im Rahmen eines großen Antikorruptionspakets umgesetzt werden. Das Rechtsstaat & Anti-Korruptionsvolksbegehren werde hier weiter am Ball bleiben, die künftigen Entwicklungen genau beobachten und auch in Zukunft Druck machen, um grundlegende Reformen zu erwirken.
Wien, am 20. Oktober 2022