Parteienvergleich: Wie stehen die Parlamentsparteien zum Volksbegehren?

Parteienvergleich: Wie stehen die Parlamentsparteien zum Volksbegehren?

Nachdem alle Parlamentsparteien eine prinzipielle Zustimmung zu den Anliegen des Rechtsstaat & Anti-Korruptionsvolksbegehrens signalisiert haben, wollten wir es genau wissen: Bereits am 18. Juni dieses Jahres wurden die Parlamentsfraktionen aufgefordert, zu unseren 72 Forderungen Stellung zu beziehen. Die Parteien sollten dabei kurz und klar darlegen, ob sie den einzelnen Forderungen grundsätzlich zustimmend oder ablehnend gegenüberstehen.

Die folgende Infografik fasst die Ergebnisse dieser Erhebung zusammen:

Zur besseren Übersicht wurde hier die Zustimmung der Parteien zu den einzelnen Forderungen des Rechtsstaat & Anti-Korruptionsvolksbegehrens mit einem Punktesystem verknüpft. Für jede ausdrückliche Zustimmung zu einer Forderung wurde ein Punkt vergeben. Da das Volksbegehren 72 Einzelforderungen hat, liegt die maximal mögliche Punkteanzahl bei 72 Punkten. Bei Forderungen, wo die jeweilige Parteiposition auf Basis der Rückmeldungen unklar, offen oder mit sachlichen Vorbehalten verbunden war, wurde lediglich ein halber Punkt vergeben. Der Prozentsatz in der Zeile „Übereinstimmung“ entspricht dem Verhältnis zwischen der von der jeweiligen Partei erzielten und der maximal möglichen Punkteanzahl.

Höchste Zustimmung bei SPÖ, geringste Deklarationsbereitschaft bei ÖVP

Auf Basis der erhaltenen Rückmeldungen erzielte die SPÖ insgesamt 70 Punkte (97,2 %), knapp gefolgt von den NEOS mit 68 Punkten (94,4 %) und den Grünen mit 64,5 Punkten (89,6 %). Die FPÖ ging nicht auf alle Forderungen im Detail ein, kam aber dennoch auf immerhin 51,5 Punkte (71,5 %). Weit abgeschlagen liegt die ÖVP, die trotz mehrfacher Urgenzen erst am vergangenen Samstag eine vage Rückmeldung abgab – dementsprechend kam die Kanzlerpartei nur auf 37 Punkte (51,4 %).

Hier können Sie die Detailergebnisse dieser Erhebung herunterladen.

Die Stellungnahmen und Erläuterungen der einzelnen Parteien finden Sie hier:

Mayer wünscht sich „politischen Lackmustest“ im Herbst

„Wieder einmal zeigt sich, dass die ÖVP aktuell den größten Nachholbedarf hat, was den Umgang mit dem Rechtsstaat und dem Thema Antikorruption betrifft. In Interviews wird so getan, als würde man die Forderungen des Rechtsstaat & Anti-Korruptionsvolksbegehrens unterstützen, aber sobald es konkret wird, ist davon wenig zu merken“, kritisiert Verfassungsexperte Heinz Mayer, einer der Proponenten des Volksbegehrens, „die Doppelzüngigkeit mancher Politiker“ bei diesem Thema.

Mayer wünscht sich aus diesem Grund möglichst bald einen „politischen Lackmustest“ im Nationalrat: „Nach dieser Erhebung müsste es bereits heute für 31 unserer 72 Forderungen eine parlamentarische Mehrheit geben. Wir hoffen, dass es nach der Sommerpause entsprechende Anträge im Nationalrat geben wird. Dann können sich die Bürgerinnen und Bürger ein konkretes Bild davon machen, wer tatsächlich für eine saubere und transparente Politik steht und wer nur so tut als ob.“

Der Nationalrat könne im Herbst z. B. beschließen,

  • die Strafbarkeit nach § 295 StGB (Beweismittelunterdrückung) auch auf Beweismittel für parlamentarische Untersuchungsausschüsse auszuweiten,
  • vorsätzliche Verstöße gegen die Regelungen zur Parteienfinanzierung auch auf „Geberseite“ zu sanktionieren oder
  • personelle und budgetäre Höchstgrenzen für die politischen Kabinette in Bundesministerien sowie die Informations- und Öffentlichkeitsarbeit der Bundesministerien per Gesetz festzulegen,

verwies Mayer auf nur drei der 31 Forderungen, für die es nach den Rückmeldungen der Parteien eigentlich eine Mehrheit geben müsste.